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23.04.2012 | Street Words XXIX meint : Unser Zug hält heute ausserplanmässig in Kaufering zur Aufnahme von Reisenden. Und ein Riesenpark hinten und alle nackt. Ich bin nicht betrunken, aber ich kann das sagen, in jedem Fall. Ja klar, aber ich trink am liebsten in der S-Bahn. Sie sagt, sie ist von der Presse. Jetzt hab ich ganz schön Platz eingespart, das geht woanders nicht so schnell. Dann muss er lebenslänglich denselben Film vorführen. Manche sind ja daran gestorben. Ich bin mir aber sicher, dass ich sie nicht falsch verstanden habe. Wenn Du den gesehen hättest, der war sehr nett und verbindlich. Die stehen halt voll dazu, dass die Reichen bevorzugt werden. Alles voll der Hammer halt und der hat auch Spass. Das hängt alles damit zusammen, dass er nie einen Partner hatte, dass er nie lernen musste Kompromisse zu schliessen. Also machst Du was, sagst Du denen. Ich möchte mich nicht hinsetzen, ich bin Superman. 3 Millionen Mark, da hab ich ja früher a Haus kriagd am Starnberger See. Ik hab ja nicht im Detail geguckt ja, so, so. Nee, ich setz jetzt dann in das Kaffe, kannst Du ja dann auch noch dazu kommen. Wie lautet die deutsche Bezeichnung für Brokkoli: Spitzkohl, Spargelkohl, Chinakohl? Da sagt ich, das lass ich mir nicht gefallen, holen Sie mal Ihren Chef. Das sieht ganz witzig aus, wie eine Verkleidung, die passt, irgendwie normal. Obwohl ich mit dem Schlittschuh Probleme hatte, weil ich kann super Rollschuh fahren. Das ist so ein komischer Geiz, den er entwickelt immer mehr. Du musst um 12 Uhr ist Dienstschluss und alles was drüber hinaus geht. Und wenn der denkt, Du bist ne blöde Kuh. Das ist ein Schiff, was auf dem Meer fährt und wenn Leute in Not sind. Das ist der Gärtnerplatz, das ist wo die Gärtner früher gearbeitet haben. Hat sie sich für sich selber beim Arzt Beruhigungsmittel verschreiben lassen, Tranquilizer, und die hat sie dem Jungen in den Tee gerührt, damit er ruhig wird, damit er schläft. Guck mal ne Winke-Winke-Queen, das war was fürn Matthias. Beim Ausgraben hams festgestellt, son Mist, da war drunter ne römische Siedlung. Weisst Du, es ist so schön, wenn Du Leute gerne magst. Schwierige Aktion, man muss durch so viele Wägen gehen und die Leute haben natürlich endlos Gepäck. Und dann kann sie ganz unterschwellig geschickt aggressiv sein, das lief immer so bei ihr, das läuft immer so bei ihr. |
22.04.2012 | Bernie Bahraini meint : In Bahrain wird aus Bernie Ecclestone Bernie Escalationsstone. Bernie bringts den Bahrainis.
Er bringt mit seinem Medientross der bahrainischen Opposition eine tolle Eventbühne. Leider wird darauf
nur durch den Gegengewaltfaktor das Licht angehen und die Sendemasten in Betrieb. Gegenwalt gegen eine
brutal repressive Staatsgewalt, die unter anderem Panzer aus Saudiarabien einsetzt. Saudiarabien, wohin
die deutsche Bundeskanzlerin jüngst grünes Licht für die Lieferung von 200 deutschen Unterdrückungspanzern
gegeben hat. Gott und Allah sei dank, ist die Lage explosiv und schon haben Rennteams und auch
Journalisten einige Gewaltsplitter und -spritzer abbekommen und so berichten sie mit grosser Selbstverständlichkeit und gebotener
Ausführlichkeit darüber. Nico Hülkenberg und Paul di Resta vom Rennstall \"Force India\" boykottierten das zweite
freie Training (gelesen zum Beispiel bei Simon Pausch aus Manama, in der Welt).
und Seniorenluxushobbyfahrer Michael Schuhmacher möchte lediglich sportlich ein Vorbild sein
und sich nicht zur politischen Situation äussern, damit zugebend, dass ihm jedes Bewusstsein für eine der
Grundlagen seines Luxushobbies fehlt. Somit hat er garantiert politisch keine Vorbildwirkung. Und Bernie
Ecclestone wünscht sich inzwischen zur Steigerung der Eskalation ein Erdbeben, wobei er nicht spezifiziert hat,
wen er sich darunter begraben wünscht, die politische Opposition von Bahrain, den ganzen Rennzirkus oder nur
sich selbst.
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21.04.2012 | nichganzdicht meint : Wer ist jetzt da nicht ganz dicht? Die Grenzen zu Europa? Oder die beiden Innenminister, die von Frankreich und von Deutschland, die einen gemeinsamen Briefe geschrieben haben sollen, an wen wurde nicht kolportiert, offenbar vor allem an die Öffentlichkeit, dass sie die Grenzen nach Lust und Laune wieder schliessen dürfen. Irgendwer ist da nicht ganz dicht. Aber wer? War das wirklich die Initiative dieser beiden Minister? Oder sind es einfach schwache Figuren, die kleinkarierten Sonderinteressen nachgegeben haben? Das bleibt rätselhaft, wer daran ein Interesse haben könnte. Irgendwas is da nich ganz dicht. Ist den Innenministern was über den Kopf gewachsen? Hat sich ihnen was durch eine undichte Schädeldecke ins Gehirn gebohrt? Ein Zerfresswurm vielleicht? Wütet ein destabilisierender Wurm im Hirn des französischen und des deutschen Innenministers? Was versprechen sie sich von solch einem unandressierten Brief. Resp. an wen kann dieser Brief adressiert sein? Wer sollte solch temporäres, von bis zu dreissig Tagen ist die Rede, Wiederrichten der Schlagbäume innerhalb von Schengen als ein Geschenk, als eine Gunst sehen und dann den Innenministern dankbar sein? Denn an die Millionen Menschen, die inzwischen täglich beruflich oder privat nationale europäische Grenzen queren, als ob sie schnell über die Strasse zum Bäcker gingen, und die sich ziemlich aufregen würden, wenn sie plötzlich wieder eine Grenzstation finden würden, gar eine Mauer mit nur kleinem Durchlass, so wie Israel sie gegen Palästina baut, wenn sie in ihrem Reisefluss ausgebremst würden, das können ja nicht die Adressaten der möglicherweise nichganzdichten Innenminister sein, die werden sich alle masslos aufregen über diese Innenminister, die solches wiedereinführen. Gerade Deutschland, das einen nie erlebten Boom und Wohlstand und Reichtum erfährt, der ohne die offenen Grenzen nie und nimmer in diesem Ausmass möglich geworden wäre, dürfte sich für so einen Innenministerfloh bedanken. Aber vielleicht denken die, irgendwie müsse das endlose Wachstum wieder gebremst werden. Dazu sind Grenzschranken ein taugliches Mittel. Zeit ist Geld. An Grenzschranken verliert jeder Zeit. Nur die Grenzer, die verdienen ihr Geld mit dem Zeitverlust der anderen. Aber die Grenzer stellen kein geldwertes Produkt her. Ihr einziges Produkt heisst: Minderung des allgemeinen Wohlstandsproduktes. Das hat doch die europäische Einigung gelehrt. Vom volkswirtschaftlichen Schaden von Grenzkontrollen. Der lässt sich vermutlich genau so präzise berechnen wie es immer wieder Berechnungen gibt, die so tun, als seien sie absolut zuverlässig, wie gross der volkswirtschaftliche Schaden von Drogenhandel, Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit sei. Ein interessante zu recherchierende Grösse wäre auch mal der volkswirtschaftliche Schaden, den lausige Gesetze zu verantworten haben. Vorschlag: die Innenminster sollen ihren dummdumm Grenzschliessungsvorschlag beibehalten, aber nur, wenn sie gleichzeitg die Kosten, also den volkswirtschaftlichen Schaden dafür, beziffern.
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20.04.2012 | Rumpeld Enken meint : Dieses Denken rumpelt gewaltig. Eine dritte Startbahn wollen sie bauen im Erdinger Moos. Das heisst sie wollen viel, viel zusätzlichen Flugverkehr in die Region München anziehen. Das heisst, sie wollen Millionen neuer Gäste und auch vermehrt Massentourismus in die Region locken. Denn neue Strassen, neue Startbahnen ziehen mehr Verkehr an, ein altes Gesetz. Und warum dieses Denken so gewaltig rumpelt? Weil sie gleichzeitg die S-Bahn-Stamm-Strecke durch München, die jetzt schon mehrfach jährlich den Infarkt erleidet, es braucht nur ein Mensch auf die Schienen fallen, was auch mehrfach jährlich passiert oder sich gar vor die Schienen werfen, was noch öfter als nur mehrfach jährlich vorkommt, von den chronischen Signalstörungen ganz zu schweigen, und schon bricht der S-Bahn-Verkehr auf der gesamten Stammstrecke zusammen. Dieser Infarkt soll in Zukunft noch origineller werden, indem Millionen zusätzlicher Passagiere von der dritten Startbahn auch noch in dieses überlastete System hineingepumpt werden müssen. Heissa, das wird lustig, das wird zünftig. Das ist ein wahrer Schildbürgerstreich, den die Region hier plant, die Stadt München, das Land Bayern. Eine eh schon am unteren Rande des Anstandes anzusiedelnde Anbindung des öffentlichen Verkehrs an den Flughafen, einer der unverzeihlichsten Geburtsfehler dieses an sich netten Flughäfelchens, vermutlich der starken Autolobby im Lande geschuldet, und diese Anbindung an den öffentlichen Verkehr auch regelmässig vom Infarkt der einzigen Stammstrecke betroffen, diesen überforderten öffentlichen Verkehr mit massiv zusätzlichen Passagierzahlen belasten, das grenzt doch an Selbstverstümmelung des Gemeinwesens. Jetzt wo offenbar ist, dass die zweite Stammstrecke begraben wird, ist es völlig irrsinnig, noch eine dritte Startbahn bauen zu wollen. Immer mehr Geld, mehr Umsatz, mehr Passagiere. Das grenzt an Völlerei. Den Rachen nicht voll bekommen. Hau rein, hau rein! Zapf dir von den Weltflugverkehrsströmen noch mehr ab! Stopf noch mehr Verkehr in dein eh schon regelmässig infarktgeplagtes öffentliches Verkehrssystem. Das wäre allenfalls diskutierbar, wenn der Flughafen, der offenbar über unbegrenzt Geldmittel verfügt, zur dritten Startbahn noch die zweite Stammstrecke mitfinanzierte. Das wäre ein Deal. Leider steht der nicht zur Abstimmung beim anstehenden Bürgerentscheid im Juni. Dieser Deal, der steht nicht mal zur Diskussion. Wenn dem so ist, dann sollte allerdings ernsthaft über Grenzen oder zumindest Pausen des Wachstums der Region gesprochen werden. Denn da ist nicht nur die überforderte Stammstrecke, da ist ja auch noch der explodierende Mietmarkt. Aber mit Rumpeldenken kommen wir schon weiter. Wir haben gelernt, mit dem Infarkt zu leben. Is eh schon wurscht. |
19.04.2012 | Dies Tadt meint : Die Stadt liegt ruhig. Die Sonne streift die ersten Dächer und die ersten Dachfenster. Ein Flugzeug macht sein Morning-Jogging hoch über der Stadt. Die dritte Startbahn wird keinen zusätzlichen Lärm erzeugen. Es werden keine zusätzlichen Flugzeuge über die Stadt hoppeln. Die zweite Stammstrecke kommt ja auch nicht. Wozu dann eine dritte Startbahn. Da beisst sich die Katze doch in den Schwanz. Wieso soll es mehr Startbahnen als Stammstrecken geben? Oder sollen wir gar mitmenschlichkeitshalber die erste Stammstrecke als dritte Startbahn zur Verfügung stellen? Wozu brauchen wir immer weniger Stammstrecken und immer mehr Startbahnen, wenn doch die Fussgängerzonen wachsen. Die in Münchnen drängt jetzt in die Sendlinger Strasse hinein. Wer hat, der kann geben. Aber leider ist es eher umgekehrt, wer hat, dem wird gegeben, wer schon zwei Startbahnen hat, der bekommt noch eine dritte. Wer aber nur eine Stammstrecke hat und hier schon in die Röhre schaut, wieso soll der noch eine zweite bekommen. Ist doch die bessere Investition, im Marienhof einen Archäologie- und Buddelpark entstehen zu lassen. Ein Verkehrsmuseum all der begrabenen Projekte, ein Tunnel-, Röhren-, Stammstrecken-, Startbahnen- und Transrapid-Museum. Die verröhrte Stadt. Die Vision von München als der verröhrten Megacity. Wie in einem 5plusSterne-Hotel. Alles was dienstbare Geister sind, alles was unangenehm ist, verschwindet in Röhren, die Strassenreinigung, die Müllabfuhr, Panzer- und Kanonenindustrie, Lehre, Forschung und Ausbildung nicht weniger als Journalismus und Zeitung, die Demokratie am besten auch, Bettler und Kampagnenmenschen dito, der Anlieferverkehr, der soziale Wohnungbau und Asylheime genauso, Busse und Strassenbahnen item, Autos auch, Limousinen dürfen noch ab Premium-Segment in einem speziellen Limousinengarten ausgeführt und ausgestellt werden. An der Oberfläche lebt nur noch die Lebensqualität, die Spitzenqualität, die Münchenqualität, die SunnyCityQualität, die Eisdielen- und Biergartenkultur. Die Oberfläche wird ein einzigartig höfisch-nymphenburgischer Stadtpark, eine reine Lebensqualitätscity mit ausgewählten Lebensqualitätsmenschen drin. Und genau bei diesen Gedanken ist die Sonne ganz neugierig schon wieder ein bisschen höher gestiegen und guckt gebannt auf München runter, was sich da alles so tut und wuselt und sie fragt sich, wieviel von dem Gewusel in Bälde schon unter die Erde verlegt werden sein wird. |
18.04.2012 | Irrkomp Etenz meint : Im Film, den Pepe Danquart über Joschka Fischer gedreht hat, sagt dieser, eines der wichtigsten Dinge, die er mit der Übernahme von öffentlichen Ämtern habe lernen müssen, sei gewesen, sich zuallerst über die Zuständigkeit Klarheit zu verschaffen. Zur Zeit häufen sich die Beispiele von Politikern, die sich in ihrer Zuständigkeit, in ihrer Kompetenz irren. Da war zuerst Frau Dr. Merkel, die Bundeskanzlerin, die das freie Entscheidungsrecht der Bundesversammlung unschön aushebelte, indem sie einen ihrer Ansicht nach mehrheitsfähigen Kandidaten für das Amt des Bundespräsidenten in kleinstem Kreise ausgemarcht hat. Damit ja kein offener, öffentlicher Wettbewerb um den besten, den geeignesten Kandidaten entstehen könne. Definitiv ein erfolgreicher Demokratieverhinderungsversuch, erinnernd an Politbüros von Parteien, die wir mit Ungutem assoziieren. Der nach diesem Verfahren gekürte und gewählte Bundespräsident Gauck wiederum, allerdings noch ganz frisch und grün im Amt, äusserte sich gestern anlässlich eines Besuches in Brüssel über die Erfolgsaussichten allfälliger Klagen gegen die Euro-Rettungsschirme vorm Bundesverfassungsgericht apodiktisch, als ob er selbst mit richterlicher Gewalt spreche, diese hätten keine Chance. Das kann durchaus als ein Manipulationsversuch des Gerichtes gelesen werden. Davon ist garantiert nichts im Pflichtenheft des Bundespräsidenten zu finden. Irrkompetenz. Dieser Fall mag ja noch lustig sein, entsprechend feinsinnig hat Heribert Prantl das in der SZ heute kommentiert (der 17. Verfassungsrichter… ein Prophet). Der dritte und krasseste Fall, der vorerst aus der Öffentlichkeit abgezogen worden zu sein scheint, ist der Vorstoss der Bundestagsfraktionen der Altparteien, schöner Begriff, erstmalig auch in der SZ gelesen, unter ihren Führern Kauder, Brüderle und Dr. Steinmeier, alternative Meinungen zur Fraktionsmeinung im Parlament gar nicht mehr erst artikulieren zu lassen. Irrkompetenz at its worst. Irrkompetenz in den höchsten Kreisen. Die Herrschaften hätten ein einfacheres Leben, wenn sie sich auf ihre Zuständigkeiten besännen. Vielleicht glauben sie sich alle in einer Talkshow, dem idealen Ort für Irrkompetenz.
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17.04.2012 | unktionsfähigkeitF meint : Den antidemokratischen Vorstoss der Herren Fraktionsführer Kauder, Brüderle, Dr. Steinmeier in Richtung Unterdrückung der Äusserung nicht genehmer Meinungen im Parlament wurde unter anderem damit begründet, dass die Funktionsfähigkeit des Parlaments aufrecht erhalten werden müsse. Die ist bis jetzt gewährleistet. Das Parlament beschliesst und beschliesst und beschliesst. Kein Bürger kann mehr alles mitbekommen, was die alles an Gesetzen beschliessen. Die Funktionsfähigkeit ist also nicht nur nicht gefährdet, sie wird immer wieder hochtourig bewiesen. Darin kann also kein Grund liegen, die Geschäftsordnung des Bundestages zu ändern. Der Anlass für diesen antidemokratischen Vorstoss der Fraktionen unter ihren Führern Kauder, Brüderle, Dr. Steinmeier war der, dass in einer Diskussion über den Euro-Rettungsschirm, eine im übrigen höchst riskante und verzwickte Angelegenheit, zwei Parlamentarier mit eigener Sicht auf das Thema vom Parlamentspräsidenten Lammert ein Redererecht erhalten haben. Das muss den Fraktionsführern Kauder, Brüderle, Dr. Steinmeier dermassen aufgestossen sein, dass ein demokratisches Recht, ja geradezu eine demokratische Pflicht wahrgenommen worden ist, dass sie dieses unbedingt abschaffen wollten mittels Änderung der Geschäftsordnung. Die Funktionsfähigkeit des Parlamentes ist in keiner Weise gefährdet. Oder wenn überhaupt, dann garantiert nicht durch die Äusserung kontroverser Meinungen zu Themen, die letztlich sowieso reine Glaubensangelegenheiten sind. Wenn die Funtkionsfähigkeit des Parlamentes überhaupt irgendwie gefährdet ist, dann dadurch, dass offenbar inzwischen jedem Lobbyisten zuliebe neue Gesetze erlassen werden, wobei längst nicht immer klar ist, ob diese der Allgemeinheit nützen oder nur den Auftraggebern der Gesetzeslobbyisten. Klientelgesetze, wie die FDP sie zugunsten von Hotellerie und Gastgewerbe durchgesetzt hat zum Beispiel. Da sollten die Fraktionen aktiv werden, zu schauen, ob wirklich jedes Gesetz, was eingebracht werden soll, wirklich sinnvoll und der Allgemeinheit nützlich ist. Wenn weniger überflüssige Gesetze eingebracht würden, bliebe deutlich mehr Zeit für grundlegende Aussprachen. Der Bedarf darnach ist nach wie vor riesig: wie unsere Gesellschaft vor einem Abdriften in eine Zweiklassengesellschaft bewahrt werden kann, wie Wohlstand für alle möglich ist, Bildung für alle, Chancen für alle. Da liegt einiges im Argen, befindet sich im Moment auf abschüssiger Bahn. Die Funktionsfähigkeit des Parlamentes dagegen nicht. Diese würde ausser kraft gesetzt, wenn die Vorschläge der Herren Kauder, Brüderle und Dr. Steinmeier zu Entparlamentarisierung des Parlamentes durchgesetzt würden. |
16.04.2012 | Nahkampfs Pange meint : Die goldene Nahkampfspange erhielt im zweiten Weltkrieg vom Führer persönlich überreicht wer nachweislich 50 Mann-zu-Mann-Kämpfe siegreich übestanden hat, wer also 50 mal das Weiss im Auge des Feindes gesehen hat und dann offenbar besser gezielt und schneller abgedrückt hat. Feldwebel Franz aus Schnuttenbach durfte diese Ehrung von Hitler persönlich in der Wolfsschanze entgegennehmen. Das war sicher einer der erhebendsten Augenblicke in seinem Leben, ein Foto davon findet sich in seinem Fotoalbum. 60 Jahre später geht er im feinen Lodenmantel mit der Flinte auf Jagd in der Gegend von Schnuttenbach.. Das ist eines der Fundstücke, die der Filmemacher Thomas Majewski in seinem Film VERBORGEN IN SCHNUTTENBACH präsentiert. Der Film läuft noch bis Ende April täglich um 19 Uhr im Maxim Kino an der Landshuter Allee 33 in München, Tel. 089 168721, maxim-kino.de. Der Film von Majewski macht sehr nachdenklich. Majewski, Jahrgang 1974, ist in Schnuttenbach aufgewachsen und erst im Erwachsenenalter hat er erfahren, dass auf dem Bolzplatz seiner Jugend einst ein Strafgefangenenlager stand. Die Häftlinge aus Frankreich, Holland, Italien, Belgien mussten in der nahgelegenen Flugwerft für Messerschmidt arbeiten oder halfen bei Bauern. Majewski ging ausgerüstet mit seiner Kamera jahrelang der Frage nach: was ist an Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg und an das Strafgefangenenlager noch vorhanden in seinem Heimatdorf. Vielleicht macht der Film deshalb so nachdenklich, weil er nicht mit der wohlfeilen moralischen Keule auf der Jagd nach Gut und Böse ist, weil er nicht von Aufarbeitungswut sich treiben lässt, sondern weil er der Frage nach dem Heute nachgeht, der Frage, was ist an Erinnerungen noch vorhanden, was kann er vielleicht dem Vergessen noch entreissen. Denn bis zur Fertigstellung seines Filmes waren einige seiner Portraitierten bereits gestorben. Die protagonistische Figur für das Thema „Vergessen“ ist die alte Bäuerin Maria, die ihre Tage damit verbringt, in der Scheune zu sitzen und ins Dorf hinaus zu schauen, was da vor sich geht. Denn ihr geht so viel im Kopf rum, auch aus anderen Ländern. Aber das Vergessen ist für sie ein Thema. Auch wenn sie mit der Nachbarin abends auf der Bank vorm Haus sitzt. Sie erinnert sich vor allem, wie sie von auswärts in das Dorf hineingeheiratet hat und damit anderen Frauen vom Dorf eine Möglichkeit auf einen Mann genommen hat. Das war ihr sehr wohl bewusst. Ach, es geht ihr so viel im Kopf rum. Aber was vorbei ist, ist vorbei. Und das alles im schönsten schwäbischen Dialekt. In dem auch der Filmemacher kommentiert. Er hat jedoch alles untertitelt. Denn auch die ehemaligen Strafgefangenen, die er aufgetrieben hat und für einen Besuch in Schnuttenbach überreden konnte, Henri aus Südfrankreich, der noch endlos Mundharmonika spielen kann, oder Jos und Leo aus Holland, die im Film aneinandergeraten, ob die Baracken aus Holz oder aus Stein waren, sprechen nicht immer ein leicht verständliches Deutsch. Weiteres Fundstück ist der Kriegsveteran, der auf einem Elektrogefährt thronend im Dorf unterwegs ist. Der hat nie über den Krieg gesprochen. Er zeigt am Oberarm eine Tätowierung, die die Blutgruppe markiert, denn im Gefecht hatte man bei Verwundungen keine Zeit für lange Bestimmungen, da musste man sich, wenn ein Mann unter grossem Blutverlust litt und die eigene Gruppe passte, gleich daneben stellen für eine Transfusion. Und dann gibt’s noch ein Geheimnis im Dorf, das so ein Vergess-Thema ist: in der herrschaftslosen Zeit zwischen Krieg und Frieden wurden im Dorf noch 78 bewaffnete Jugendliche aus Kellern und Scheunen aufgestöbert, daran erinnert sich ein älterer Herr noch, aber was mit ihnen passiert ist, da kann er nichts dazu sagen.
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15.04.2012 | Neuesb Öswort meint : Jetzt haben die Medien, gesteuert von weissgottnichtwem, wieder ein neues Böswort gefunden, mit dem sich Stimmungen, so hoffen die Manipulierer, machen lassen können. Die „Salafisten“. Keiner kennt einen persönlich. Keiner ist einem begegnet. Aber die müssen nun bös sein. Das ist immer sehr praktisch, solche Böswörter, weil sich damit so ungemein gut Stimmungen erzeugen lassen, weil sich in solche Wörter soviel Wut und unqualifizierter Hass reinlegen lassen. Und wenn diese Bösen dann noch eine gute Tat tun, wie Christen sie milliardenfach getan haben, nämlich ihr Heiliges Buch gratis verteilen, dann haben die Aufregungsbürger wieder was, worüber sie sich aufregen können. Haben endlich wieder Futter für ihren Irrationalismus, der sich offenbar immer irgendwo und irgendwie seine Bahn suchen muss. Weil das Bürgerliche eben auch eine brutale Einengung von Lebensbedürfnissen darstellt. Da nun der Irrationalismus gegen den Nationaldichter offenbar ins Leere gelaufen ist, weil dieser ihn zwar provoziert, ihm aber nicht ernsthaft Nahrung gegeben hat, so muss jener sich jetzt ein neues Böswort suchen. Man könnte also mit demselben Fug, wie sich jetzt manche über die Salafisten aufregen, weil sie gratis den Koran verteilen, sich stattdessen über den bürgerlichen Irrationalismus aufregen, der sich über den Salafismus aufregt – gehupft wie gesprungen. Werbung ist in unserer Gesellschaft erlaubt. Hassreden dagegen nicht. Die etablierten Parteien verteilen im Wahlkampf Luftballons und Rosen. Und werden nicht gleich zu Bösworten. Das Verteilen von Luftballons, Rosen oder von Koran-Exemplaren sind keine verbotenen, antidemokratischen Handlungen. Obwohl die Fraktionsführer von SPD und Union und FDP, Steinmeier, Kauder und Brüderle gerade dabei sind, den Parlamentarismus auszuhöhlen. Mit ganz klar antidemokratischen Taten, mit der Vorbereitung einer demokratieverstümmelnden Geschäftsordnung für den Bundestag. Diese Herren können jetzt sogar auf frischer antidemokratischer Tat ertappt werden, was man von den Salafisten in dieser Öffentlichkeit nicht nachsagen kann! Man soll sich über die bösen Taten der Menschen aufregen, nicht über die guten! Menschen sind selten nur bös oder nur gut. Drum soll man differenziert kritisieren. Aber vor der Differenzierung haben die Medien, die Verführer, die Manipulatoren Angst. Es lässt sich nicht so leicht Stimmung machen wie mit diffusen Ismus-Begriffen. Es ist die Angst um den Stimmen-, Quoten-, den Auflagenerfolg, der die Moralkeule so mancher Medien und Politiker so unmoralisch werden lässt. |
14.04.2012 | Lauterb Lamagen meint : Lauter Blamagen. Die erste lieferte der israelische Innenminister mit dem törichten Einreiseverbot für Günter Grass wegen dem leicht verschwurbelten Gedicht, was der Minister offenbar nicht genau gelesen hatte. Damit hat er dem Dichter eine Steilvorlage gegeben für den Vergleich mit Mielke und mit der birmesischen Diktatur, veröffentlicht in der SZ vom Donnerstag. Hat Grass den Anlass gegeben nachzustossen, diesmal den Klartext nachzuliefern für sein inzwischen weltberühmtes „Gedicht“, dessen Inhalt man, wie es sich für ein Gedicht gehört, erst rausfiltrieren muss, was ja die geistige Beschäftigung und oft auch Befriedigung mit einem Gedicht ist. Am Donnerstag also schrieb Grass Klartext: das Unbehagen bezüglich Israel als einer unkontrollierten Atommacht. Damit erhält diese Skepsis Israel gegenüber und das Unwohlgefühl bei der ständigen Stichelei gegen Iran, die alles an Atom offenbaren sollen, neue Nahrung und vor allem erstmals eine hochöffentlich-deutsche Stellungsnahme, wie sie in dieser Deutlichkeit bislang in keiner grossen deutschen Zeitung zu lesen noch von einem deutschen Parlamentarier zu hören war (da könnte der Bundespräsident bei seiner in Planung sich befindlichen Israelreise drauf aufbauen und höflich den Vorschlag machen, Israel möchte doch endlich den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnen). Von Antisemitismus ist auch im grassschen Klartext weit und breit nicht die geringste Spur. Um dieser Israel-Skepsis nun nicht allzuviel Raum zu geben, um das Feindbild Iran weiter zu forcieren, setzt jetzt die SZ selbst eine Blamage drauf: Paul Anton-Krüger, der SZ-Geheimdienstmärchenonkel, darf in der heutigen Samstag-Ausgabe Uraltstories über Experimente von vor Jahren wegen eines kleinen Brandbeschleunigers in der iranischen Atomforschung zum Besten geben; das erinnert an die Stories, die der damalige amerikanische Aussenminister, hiess er nicht Colin Powell?, vor der UN verbreitet hat, und die er sogar mit Fake-Doku-Filmen gestützt hat, um die Notwendigkeit des Irakkrieges zu begründen. Blamage aber auch beim deutschen Parlament. Die Fraktionen wollen dem Parlament einen Maulkorb verpassen, so schreibt Heribert Prantl in der heutigen SZ. Die Fraktionen sind natürlich keine Dinger, keine Abstrakta. Es stecken Namen und wieder gewählt werden wollende Personen dahinter. Die Herren Fraktionsführer nämlich, so da sind Volker Kauder für die Union, Dr. Frank-Walter Steinmeier für die SPD und Rainer Brüderle für die FDP. Diese Herren Kauder, Steinmeier und Brüderle wollen also dem Parlament seine Urfunktion mit einer neuen Maulkorbgeschäftsordnung austreiben: den Parlamentarismus nämlich. Solche antidemokratisch agierenden Herren und die Parteien, die sie vertreten, verdienen nicht mehr gewählt zu werden. Ein weiterer deutlicher Verweis der etablierten Politik, doch bitte die Piraten zu wählen. Grosse Blamage für die vorgeblich demokratisch gesinnten Kauder, Steinmeier und Brüderle. Blamage auch im Sport. Der internationale Formel-Eins-Rennzirkus will in Bahrain Station machen, ein Land, was sich nicht scheut, Demonstranten mit Panzern niederzuwalzen, mit Panzern aus Saudi-Arabien, wohin Deutschland unter der Regierung Merkel, dies ein Wink der Kanzlerin selbst, das nächste Mal doch die Piraten zu wählen, weitere 200 Panzer verkaufen will. Es ist ja niemand verpflichtet, den Fernseher einzuschalten. Oder die übertragenden Sender können, wenn sie sich nicht total blamieren und ihrer Informationspflicht nachkommen wollen, unter den Rennbildern einen Lauftext mit ein paar Infos über die demokratischen Verhältnisse in Bahrain einblenden. Die köstlichste Blamage ist allerdings aus Nordkorea zu hören. Die wollten der Welt gegenüber mit ihrem Raketen-Know-How protzen; das ging nach dem Start genau zwei Minuten gut, bis das Teil in Flammen aufging und ins Meer stürzte. Gleichzeitig eine inferno- und kinohaft schöne Bebilderung des Begriffes „Blamage“ liefernd. |
13.04.2012 | Dr. Eist meint : Das ist dreist. „EU-Staaten fordern Subventionen für Atomkraft“ titelt die SZ heute. „Grossbritannien, Frankreich, Polen und Tschechien dringen darauf, die Atomkraft auszubauen und wollen diese ähnlich wie erneuerbare Energien subventionsfähig machen“. Das ist der Hammer, dies zu fordern. Atomenergie ist keine erneuerbare Energie. Vor allem ist sie eine nur höchst problematisch entsorgbare Energie. Eine Energie, deren Entsorgung noch Generationen Kopfschmerzen und womöglich körperliche Beschädigungen zufügen kann. Was passiert mit den Endlagern? Es gibt keine Lösungen. Da ist es nur masslos dreist, für den Ausbau der Atomenergie noch europäische Gelder anzapfen zu wollen. Diese Forderung, und dass sie die Länder stellen, kann wieder nur das Produkt penetranter, skrupelloser und von Abzockmentalität angetriebener Lobbyarbeit sein. Die Atomenergie sieht ihre Chancen schwinden, mit jedem Atom-Unfall, mit jedem Erfolg der regenerativen Energien. Und statt sich umzuorientieren wird dreist versucht, sich Subventionspfründen zu schaffen, um mit einer Energie ohne Zukunft Profite rauszuschlagen. Ohne jede Rücksicht auf die kommenden Generationen. Das Ansinnen ist nicht weniger dreist, als einen Selbstbedienungsladen zu betreten, ein ganzes Regal leer zu räumen und den Laden ohne zu bezahlen wieder zu verlassen. Und wenn einer aufs Bezahlen hinweist, so wird er noch blöd angemacht. Zu hoffen, dass der EU-Energie-Kommissar Günther Oettinger, der als Ministerpräsident von Baden-Württemberg sich mit Kraftwerkskauf auf Kosten der Baden-Württembegischen Steuerzahler schon einmal grauenhaft vergaloppiert hatte, in dieser verantwortungsvollen europäischen Position aufgeweckter reagieren wird.
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12.04.2012 | LESETIPP meint :
SIGI GÖTZ ENTERTAINMENT; das zwanzigste Heft. Relaunch war gestern abend im Münchner Stadtcafé. SIGI GÖTZ ENTERTAINMENT, ein nie versiegender Quelle frischer, ungebrochener Zuneigung und Hingabe an das Kino, das Entertainment, an den Glamour in der Personifizierung der Glamour Girls und der Glamour Boys. Einer dieser Glamour Boys, Peter Scholl-Latour, ziert die Rückseite des wie immer mit penibler Sorgfalt hergestellten Heftes. Scholl-Latour sitzt auf einem Talk-Show-Sessel, hinter ihm gross an der Wand zwei SigiGötz Entertainment Covers und er macht mit seinem Daumen eine Bewegung, die sagt: Sigi Götz, finde ich super. Sonst sind im Frühjahrs-Heft wie immer die Top-Tens und High-Fives von über einem Dutzend Kinofreaks zu finden. Stefan Ertl präsentiert ein Glamour Girls spezial KATJA BIENERT & EVELINE GUTKIND-BIENERT. Rainer Knepperges schreibt über „Ich und Es im Dunkeln“ Benedikt Eppenberger bietet ein Glamour Boy Spezial. Es gibt ein Interview mit Florian Geierstanger, der ein Drehbuch bei dem Pro7-Sat1-Mainstreampreis eingereicht hat. Peter Nau trägt zwei Texte aus Büchern bei. Ulrich Mannes telefonierte mit Clemens Klopfenstein, der einen Film mit Michelle Hunziker drehen will. Hans Schifferle schreibt für die SGE-Glamour-Bibliothek spezial über Hans Billiam, den Filmemacher. Und vieles mehr bis hin zum SGE-Restgeflüster. Zu beziehen für bescheidene drei Euro beim Herausgeber Ulrich Mannes, Lipowskystrasse 19, 81373 München, Tel. 089/725 66 80 oder e-mail: info@sigigoetz.de
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11.04.2012 | Alter Hase meint : Jetzt ist der Hase schon wieder ein alter Hase. Ostern ist auch schon wieder vorbei. Oh mei, bald kommt der Mai. Die alten Hasen müssen zu Sonderkonditionen verschleudert werden. Die Führung der Grünen sind auch so alte Hasen, die jetzt noch älter aussehen, wo sie von den Jungspunden von Priaten überholt werden, wobei nicht klar ist, rechts überholt oder links überholt. Darin übt sich das Establishment jetzt, ihr Unwohlsein über die neueste Eroberungspartei auszudrücken, dass die ja gar nicht wissen was sie wollen. Wer kann das so jung schon wissen. Das sollten eigentlich die alten Hasen wissen. Andererseits haben die erreicht was sie wollten, oder gesehen, dass mehr als sie erreicht haben, nicht drin liegt. Und ausgerechnet wegen dieser (realistischen) Qualitäten sind sie uninteressant geworden. Die Jungspunde sind attraktiv, gerade weil sie noch lange nicht ihre ganze Lebensweisheit ausformuliert haben. Aber sie wollen auf jeden Fall was, und garantiert keine Althaserei. Es ist ja nicht alles schlecht, was die alten Parteien in ihren Programmen formuliert haben. Aber sie haben meist viel Ansehen eingebüsst, wenn sie die Programme korrumpiert haben, wenn sie sie Machtkalküls geopfert haben. Das ist immer die Attraktiviät der Jungen, der Unverbrauchten, dass auch über das Mass ihrer Korrumpierbarkeit noch wenig Erkenntnis herrscht. Das ist wenig überraschend. Überraschend ist allerdings das Tempo, in welchem die Parteienlandschaft sich verfärbt, in welche atemberaubenden Tempo. Vielleicht hängt das damit zusammen, dass die Korrumpierbarkeit einzelner Figuren und Parteien viel schneller durch die rasanten Kommunikationswege ersichtlich wird. Rein theoretisch müsste damit ein Zeitalter aufrechter, glaubwürdiger Politiker anbrechen. Auch wacher Politiker, die schnell auf die Entwicklungen reagieren, von Politikern, die nicht ihr oberstes Augenmerk auf das geruhsame Entwickeln von Pfründen und dergleichen verwenden. Oder wird es auch mit den Piraten den Verlauf sämtlicher Parteien nehmen, kaum haben sie Erfolg, werden sie zur Beute von Karriere-Politikern, die sich beim Aufspringen auf einen solchen Erfolgszug mehr Chancen ausrechnen als bei einer serbelnden Partei? |
10.04.2012 | Rückz I. Eher meint : Heute macht die SZ einen massiven Rückzieher. Eine ganzes „Thema des Tages“ lang unter Aufgebot massiver redaktioneller Kräfte. Rekapitulation. Seit 60 Jahren gibt’s es in Nahost keinen Frieden, eine Friedensbemühung nach der anderen verläuft im Sande, führt zu neuen Bombardierungen, Aufständen, Spannungen, Raketen, Phosophorbomben, Selbstmoranschlägen, Tötungen auf allen Seiten. Die Opfer sind vor allem auf palästinensischer Seite zu beklagen. Unterdrückung und Sippenhaft eines ganzen Volkes, apartheidähnliche Zustände. Und der Böse ist Iran, so tönt es seit einiger Zeit. Nachdem Günter Grass vermutlich neue Berichte über die gauenhaft inhumanen Zustände in den Palästinensergebieten erhalten haben dürfte und angesichts des ständig schriller werdenden Kriegsgetöns, was einen neuen Waffengang ankündigen sollte, fühlte er sich nach ewig langer Abwägerei verpflichtet, neue Impulse in die festgefahrene westliche – und von Interessengruppierungen bestimmt gezielt geförderte – Sichtweise zu bringen mit einem „Gedicht“, was die SZ im Feuilleton veröffentlichte. Es schlug hohe Wellen. Ziel war es, die erstarrte Feindbildsichtweise des Westens zu durchlöchern. Aber der provokante Text förderte nur massiv Polemik zu Tage. Die Geister, die die SZ rief, wurde sie nicht mehr los. Also nimmt die SZ heute mit grossem Aufwand Zuflucht zur alten, man könnte auch sagen: reaktionären, Sichtweise. Der Böse, der Aggressor ist der Iran. Da gibt es nichts zu diskutieren. Deutschland steht, wie damals unter Schröder mit Amerika, als unverbrüchlicher Waffenbruder an der Seite Israels, ist nach der Kanzlerin Worte: Partei, Partei, Partei. Naiven Dichtern gegenüber wird das Argument aufgeboten, die Lage im Nahen Osten sei viel zu komplex. Die könnten das nicht verstehen. Aber die Politredakteure können das einem naiven Gemüt auch nicht vermitteln. Warum Israel den Atomwaffensperrvertrag nicht unterschrieben hat, und warum niemand Israel dazu auffordert. Begriffe wie Menschenrecht, Völkerrecht haben in solchen Diskussionen nichts zu suchen. Ein Blick auf die jüngste Geschichte: wer zwar nicht grossmaulig von Krieg gesprochen hat, wer aber tatsächlich geächtete Bomben wie Streubomben und Phoshorbomben abgeworden hat, das interessiert die SZ nicht. Und, ein lächerliches Apercu in dieser Art doktrinärer (Iran ist der Aggressor) „Diskussion“, der Vorwurf mit der U-Boot-Lieferung, das Atomsprengköpfe tragen und abschiessen könne, sei eh irrelevant, da Amerika ebensolche U-Boote liefere. Gut, wozu brauchen sie dann noch deutsche U-Boote, ein geistiges Furz-Argument im unabelehrbaren Getöns. Das einzige Körnchen, was vom ganzen Osteraufruhr im Blätterwald sich vielleicht doch in den Politteil der Diskussion eingeschlichen haben könnte, und was im Sinne einer weiteren Perspektive vielleicht eindlich zu einer Veränderung der Diskussion und damit gezwungenermassen auch der Situation führen könnte, darauf weist Daniel Brössler hin. Er interpretiert das Gedicht auch als einen „Appell zur Beendigung der Sonderbeziehungen“ zu Israel. „Ein Appell, der nachklingen wird, wenn die Vorschläge des Dichters zur Atomkontrolle vergessen sind“. Denn diese Sonderbeziehungen haben zur Folge, das zur Erinnerung, dass Deutschland in diesem Verhältnis immer und immer wieder schmerzlich die völkerrechtlichen und menschenrechtlichen Massstäbe, auch die was Atom betrifft, negieren muss, auf die es sich doch soviel, nämlich als demokratie- und friedensstiftend, einbildet. Ein Widerspruch, der weiter rumoren wird, auch wenns auf der Zeitungsoberfläche ab sofort wieder unverhandelbar heisst DER AGGRESSOR IST IRAN. IRAN IST DER BÖSE. UND DARUM MÜSSEN WIR BEREIT SEIN, IN DEN KRIEG ZU ZIEHEN.
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09.04.2012 | Deutscher Mut II meint : Der grosse Deutsche Dichter und Literaturnobelpreisträger hat zu seiner letzten Tinte gegriffen. Wohl möglich, dass es ihm nicht nur um Schlagzeilen ging. Wohl möglich, dass die sensible Dichterseele gequält ist, von dem, was sich in Nahost tut. Er hat gute Beziehungen zur SPD. Vielleicht hat ihm vorher der aktuelle SPD-Vorsitzende von seiner kürzlichen Reise nach Nahost erzählt. Dieser muss sehr geschockt gewesen sein, was er von den Palästinensern gesehen und gehört hat.. Er hat von Apartheid getwittert. Vielleicht hat er dem Nobelpreisträger erzählt, wie beschissen es den Palästinensern geht. Das hat die Dichterseele aufgerührt. Hat ihm das Gefühl gegeben, dass er sich äussern müsse. Hat ihn dazu verführt, einmal die Feindbilder umzudrehen. Sowas kann als geistige Übung so sinnvoll sein, wie für Schauspieler beim Üben einer Rolle, ein Rollentausch. Denn die absolute Blindheit des Westens Israel gegenüber, die ihn ständig dazu zwingt, seine eigenen Wertvorstellungen, die von Demokratie, von Völkerrecht und Menschenrecht, von Atomaufsicht glatt zu negieren, das ist ein unmöglicher Zustand, der vor allem nichts zu einem Frieden beiträgt. Eine unglaubliche Blindheit des Westens. Und wenn einer sich zu äussern traut, dann wird er gleich zurückgepfiffen, wird ihm Antisemitismus unterstellt. Der Dichter hat sich aber in seinem „Gedicht“ vor allem auch mit der eigenen Feigheit beschäftigt. Mit seinem mangelnden Mut als einem deutschen Intellektuellen. Dass der ihm schon mal gefehlt hat, ihm dem ewigen Mahner hinsichtlich Aufarbeitung der Nazizeit, ist bekannt. Und dass da Opportunismus eine Rolle gespielt haben mag nebst Feigheit einleuchtend. Aber darum geht es nicht. In seinem „Gedicht“ ist jedenfalls nicht die Spur von Antisemitismus. Es geht nur um das eine blinde westliche Auge. Darum, dass der Westen im Nahen Osten ständig mit gespaltener Zunge spricht, mit verschiedenen ethischen, moralischen und rechtlichen Massstäben misst. Darum hat der Dichter versucht, die Werte mal umzudrehen. Und jetzt zeigt sich der Mut vieler namhafter deutscher Intellektueller: in der „Welt“ und wo auch immer, schütten sie Eimer gehässiger Polemik über den alten Dichter aus, eine Polemik von überraschend bescheidenem Niveau und null Argumentationsgehalt. Sie differenzieren nicht, die mutigen deutschen Intellektuellen. Der Dichter ist gestrig, hat keine Ahnung, ist links, will auf sich aufmerksam machen, ist ganz unwichtig, hat sich seit er 17 war nicht entwickelt und was der abstrusen Dinge mehr sind. Das muss man dem Dichter, man mag ihn mögen oder nicht, doch lassen, dass er wenigstens zu seiner Feigeit steht. Seine Kritiker nicht. Die lautesten von ihnen blöken mit einem merkwürdigen, Argumenten unzugänglichen Mainstream.
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08.04.2012 | Gleichbehandlung, Besondere Verpflichtung und Diskussionskultur meint : Grundlage unserer politischen Handelns ist die Idee der Demokratie und der Menschenrechte. Gleiche Rechte für alle. Gleiche Pflichten selbstverständlich auch. Grundsätze, die durch die Konsequenz ihrer Anwendung Glaubwürdigkeit erhalten. Ein Apartheid-Regime, das ganze Bevölkerungsgruppen unterdrückt, ist für uns daher nicht annehmbar. Siegmar Gabriel hatte neulich den Begriff „Apartheid“ getwittert, nach einem Besuch bei Palästinensern. Genau so wenig können wir eine meinungsunterdrückende Diktatur in Teheran akzeptieren. Der Sinn der Idee von Menschen- und Völkerrecht ist die Vision einer gerechten Welt. Der Verzicht auf Atomwaffen ist genau so ein Fernziel. Um dahin zu gelangen, muss erst mal die Übersicht und damit Kontrolle über die vorhandenen Arsenale durch entsprechende Gremien gewährleistet sein. Wer nun verlangt, dass auch Israel seine Arsenale offenlege, der wird , wie es jetzt in Deutschland passiert, gleich mit dem Vorwurf des Antisemitismus oder anderer Polemik überzogen. Warum ist es so schwierig, auch von Israel zu verlangen, dass es sich an völkerrechtliche Regelungen hält, dass es sich an menschenrechtliche Vorgaben hält? Die Israel-Verteidiger in solchen Diskussionen kennen auch immer nur den einen Satz: der von der tödlichen Bedrohung durch Iran. Aufbau von Feindbildern. Iran kennt allerdings, was Drohsprache betrifft, auch keine Grenzen. Und sie wissen sehr wohl, wie sie den Israelis weh tun können. Aber man sollte sich auch mal überlegen, ob das nicht vor allem Getöns ist, das Aufbauschen äusserer Feindbilder, um im Inneren den starken Heini spielen zu können. Viel anders ist es in Israel auch nicht. Die israelische Politik braucht diesen äusseren Feind, denn im Inneren des Landes brodelt ein explosives Gemisch verschiedenster Kulturen. Da sind äussere Bedrohungen willkommen, ja sie werden scheinbar existenznotwendig. Und wehe, ein Freund spielt das dämliche Feindbildspiel nicht mit! Der alte Feindbildmechanismus. Nur erstaunlich, dass hierzulande viele vorgeblich Intellektuelle bei der kleinsten Diskussion gleich in die Antisemitismus-Vorwurf-Hörner tröten. Wer glaubt denn ernsthaft, dass Teheran, falls es sie je zustande bringt, eine Atombombe über Israel würde explodieren lassen? Über die Hälfte der Opfer wären Palästinenser. Die Atombombe, die Israelis von Palästinensern unterscheiden kann, die dürfte es noch nicht geben. Warum ist es selbst hier bei uns so schwierig im politischen Teil einer Zeitung den Tenor der Menschenrechte über alles zu stellen? Den Tenor der Vernunft? Dass einer, der dem einen das Atom verbietet und dem anderen es zulässt, bei Dritten nie und nimmer eine Glaubwürdigkeit erlangen kann. Warum ist das so schwer zu verstehen? Warum muss die besondere deutsche Verpflichtung Israel gegenüber regelmässig den gesunden Menschenverstand, die Vernunft und das demokratische Denken und die Diskussionskultur dazu ausser Kraft setzen?
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07.04.2012 | inslotgebracht meint : Bevor jetzt die hässliche Schreierei um Nobelpreisträgers nicht ganz dichten Dichtversuch vollkommen in Hühnerstallgehacke ausartet, hat die SZ die Initiative ergriffen, hat Heribert Prantl mit einem maieutischen Interview dem Dichter geholfen, den Kern der Sache freizuschälen, die Angelegenheit ins Lot zu bringen. Der Clou dabei ist, dass dadurch endlich der Gedanke, dass sowohl Iran als auch Israel unter atomare Kontrolle zu stellen seien, in den politischen Teil der SZ, noch dazu auf der ersten Seite schwarz auf weiss Eingang gefunden hat. Und darum geht es. Dass dieser selbstverständlichste aller Gedanken (und auf den offenbar immer noch viele Leute hochallergisch reagieren), dass man nicht dem einen das Atom erlauben und dem anderen verbieten könne, endlich auch politisch ernst genommen wird. Dass diese Ideen nicht mehr länger Friedensinitiativen, die sie dann auf eigene Kosten als Inserate veröffentlichen müssen oder weltfremden, fantasievollen Geistern zugeschrieben werden, die man placebohalber im Feuilleton zu Wort kommen lässt. Was politisch wenig Gewicht hat. Oder offenbar nur wahrgenommen wird, wie exemplum zeigt, wenn es hochpolemisch formuliert wird. Wirklich ein spannender Vorgang, wie die Öffentlichkeit mit so einem Gedanken, der eigentlich den eigenen kantischen Grundsätzen des Handelns entsprechen sollte, umgeht. Wie sie ihn zum Teil nur mit Glacehandschuhen anrührt, igitt, igitt, Völkerrecht. Wer hat denn in den letzten Jahren im Nahen Osten völkerrechtlich geächtete Waffen eingesetzt, wer hat Streubomben abgeworfen, wer hat Phosophorbomben abgeworfen? Es war jedenfalls nicht Iran! Wer hält gegen das Völkerrecht grosse Gebiete besetzt und unterdrückt und schikaniert die dortigen Bewohner? Jedenfalls nicht Iran! Wer treibt den völkerrechtlich verbotenen Siedlungsbau in fremdem Gebiet ständig weiter? Doch nicht Iran. Warum sind das Fakten, auf welche manche Leute vollkommen hysterisch reagieren, wenn man sich auch nur sie zu erwähnen traut? Die Atomüberwachung muss gefordert werden. Solange die nicht gegeben ist, ist es auch vollkommen sinnlos, das eine Land einem die Spannungen ständig erhöhenden und im übrigen wenig hilfreichen Boykott zu unterwerfen. Traurig eigentlich, dass es offenbar eines solchen Aufruhrs bedarf, bis so ein selbstverständlicher Gedanke endlich da auftaucht, wo er hingehört: auf die erste Seite der SZ! |
06.04.2012 | Monopolvorstellung meint : Merkwüridge Paradoxie gestern abend im Kino Monopol an der Schleissheimer Str. 127, beim Nordbad München. Da ist ein grosser Kinosaal voll mit Schwabingern, Münchnern, Mitteleuropäern, deren Ernährung sich schätzungsweise zu 80 Prozent aus Produkten zusammensetzt, bei deren Herstellung Soja ein Rolle spielt. Diese Sojavertilger schauen sich nun einen erstklassigen Dokumentarfilm, RAISING RESISTANCE von Bettina Borgfeld und David Bernet an, sind voller Sympathien für den wunderbaren Protagonisten, der wie der Regisseur zu dieser Präsentation des Filmes auch anwesend ist, Geronimo Arevalos, ein Campesino aus Paraguay, einer von Millionen die unter dem hochindustrialisierten Anbau von genmanipuliertem Soja leiden. Dieses Publikum erfährt nun im Film einiges über die negativen bis katastrophalen Folgen, die dieser industrielle Anbau von Soja mit sich bringt. In Lateinamerika ist inzwischen ein Fläche grösser als die EU mit Sojaplantagen übersäät. Das kann sehr öde und sehr staubig aussehen, davon haben Borgfeld und Bernet eindrückliche Kinobilder geschossen. Der ganze Aufwand nur, um ein scheinbar nicht mehr verzichtbares Element in unserer Nahrungsmittelkette herzustellen. Nun sitzen also wir Abnehmer von Sojaprodukten und Sojafolgeprodukten in diesem Kino, erkennen, dass wir durch unsere Ernährungsgewohnheiten mitverantwortlich sind für die steigende Nachfrage nach Soja und damit für die Ausbreitung der Rodungen und für die stetige Verdrängung, und wenn sie in die Ränder der Grossstädte ziehen: Verelendung der Campesinos. Wir empfinden durch den Film grosse Sympathie für Geronimo, den wir eben noch auf seinem Boden reichhaltige Landwirtschaft haben treiben sehen und wie er die Bewegung der Campesinos mit klarem Verstand beeinflusst und beispielsweise bei einer Konfrontation von Polizei, Grossbauern und Campesinos klug die Eskalation vermeidet, denn im Gefängnis können sie nicht viel erreichen. Das Helfersyndrom in uns ist erwacht. Was können wir für die Campesinos tun, ist eine Frage, die sich in der anschliessenden Diskussion stellt. Wegen begrenzter Diskussionszeit konnte die Frage, auf welche Nahrungsmittel wir denn verzichten müssten, damit die Sojanachfrage gedrosselt würde, nicht mehr behandelt werden; es gab aber den Hinweis auf slowfood-muenchen.de. Der Film ist vielleicht gerade aus dem Grund sehenswert, weil er nicht versucht, Agit-Prop-Kino zu sein, das Stimmung gegen die Bösen macht. Auch die Akteure der Soja-Industrie werden als Menschen gezeigt, die im Rahmen ihres eng definierten Interesses tun, was sie können für ihr Überleben ob als Bio-Ingenieur, Sojafarmer, Assetmanager an der Sojabörse oder als Polizist zwischen den Fronten. Nur der Staatspräsident von Paraguay, Fernando Lugo, der war vor der Wahl ganz klar auf Seiten der Campesinos; jetzt drückt er sich doch sehr „gewählt“ aus in dieser Hinsicht. Zum Film gibt’s eine Website: raising-resistance.info, zum Kino auch: monopol-kino.de und im Mai kommt der Film ins reguläre Kinoprogramm. Ein nachdenklich stimmender Film. |
05.04.2012 | Aufregungszwang meint : Beim Karl Valentin gabs den Besucherzwang um das Überleben der Theater zu sichern. Jetzt herrscht im Lande offenbar Aufregungszwang (um das Überleben von wem oder von welchen Vorurteilen zu sichern?), weil der Nationaldichter ein Textlein publiziert hat, von dem er meinte, das seien Dinge, die er nun mal sagen müsse. Wie weit er die Aufregung kalkuliert hat? Warum regen sich manche so wie auf Kommando auf? Und wehe einer regt sich nicht auf! Man muss jetzt mittun im Empörungslärm. Wer sich jetzt nicht mitempört, wer sich jetzt nicht mitaufregt, der ist out. Der „Dichter“ hat doch, weil er die Seele seiner Mitbürger ganz genau kennt, genau die Schmerzstellen attackiert. Oder er ist dem Hund gezielt auf den Schwanz getreten, der vorhersehbar mechanisch aufjault. Und wenn der „Dichter“ das nur tut, weil seine Auflagen vielleicht am Kränkeln sind wie die Quoten bei manchen berühmten Moderatoren. Ausgesorgt haben sie alle. Für die Zeitung dürfte sich das osterhaftschön für die Auflage auswirken. Mal wieder ein Aufreger, zu dem jetzt jeder seinen Mist beitragen muss. Wie öde, wenn wir das alle ganz cool nehmen würden. Und analysieren, dass da tatsächlich ein Korn Wahrheit drin steckt in dem Textlein, dass die Sache mit der Atombewaffnung nun mal sowohl bei Israel als auch bei Iran sehr, sehr dubios sei und der Klärung bedürfe und dass die Idee einer international überwachten atomwaffenfreien Zone (die irgendwann sowieso auf die ganze Welt ausgeweitet werden muss) in Nahost ernsthaft erwogen werden muss. Aber das geht natürlich im Aufschrei, den der Empörungszwang jetzt auslöst, unter. Wer jetzt nicht cool bleibt, verhindert eine coole Auseinandersetzung über ein Schmerzthema – und genau das dürfte die Absicht der lauten Empörer sein. Andererseits, wenn der Dichter bloss diese rationale und einleuchtende Idee, die die Friedensbewegung und die Friedensforscher längst vorformuliert haben, vorgetragen hätte, dann hätte er vermutlich die Aufmerksamkeit, die er mit dieser gezielt emotionalen Pieckserei erlangt, nie erreicht. |
04.04.2012 | Deutscher Mut meint : Günter Grass war der Mensch, der jahrzehntelang mit spitzem Finger und deutlicher Zunge und dem Anspruch auf Inhaberei der Moral auf all jene gezeigt hat, die mit ihrer Nazivergangenheit nicht offen umgegangen sind. Er selbst hat dann nochmal Jahrzehnte später endlich auch die eigene SS-Vergangenheit offengelegt. Wenn er seinen eigenen moralischen Massstäben genügt hätte und das früher getan hätte, hätte er wohl nie den Literaturnobelpreis erhalten, wäre mitunter weniger berühmt und vermutlich auch weniger wohlhabend geworden. Jetzt stellt er sich seiner eigenen Feigheit mit einem Gedicht. Es ist ein sehr gewundener, sehr zäher Text, fast so als ob der vormalige Bundespräsident über frühere Handlungen von sich selbst Auskunft geben müsse. Immerhin versucht der Dichter in seinem „Gedicht“, die Feigheit auch zu überwinden, Stellung zu beziehen. Und zwar zum Irankonflikt. Denn bis jetzt war die ganze grausame Boykottiererei und das Kriegsgerassel von Israel kein grosses Thema in der Bundesrepublik. Ende März nun hatte eine Initiative aus Friedensbewegung und Friedensforschern in einer grossen Zeitungsanzeige gegen diese ganze Kriegstreiberei und absehbare Verwicklung der Bundesrepublik Stellung bezogen. Denn die Zeitungen selbst haben wie schon bei Afghanistan praktiziert und offenbar auf Seiten der Rüstungsindustrien stehend schön brav mitgeholfen, den geistigen Boden für den Boykott gegn Iran und die Angewöhnung an den Gedanken eines weiteren Krieges zu bereiten. Da kommt ihnen Günter Grass’ Mutversuch gerade recht. Den können sie jetzt, so wie die SZ es heute im Feuilleton tut, wunderbar als Position gegen das Kriegerische vorschieben. Immerhin versucht ers, versuchen sies. Wenn so ein Feuilleton das noch recht gross druckt, auch wenn die Zeitung sich eines Kommentars vorerst enthält, so darf doch davon ausgegangen werden, dass sie darin eine gewisse Verbindlichkeit oder zumindest Diskussionswürdigkeit sieht. Man könnte die Veröffentlichung also auch zum Anlass nehmen darüber zu diskutieren, wie mutig sind die Deutschen, wie mutig sind die deutschen Dichter und Denker, die deutschen Intellektuellen und auch, wie mutig sind die deutschen Zeitungen? Oder warum ist Feigheit in diesen Kreisen offenbar ein Thema, was virulent ist und wie exemplum zeigt nur sehr mühsam formuliert werden kann? Warum kann eine politische Stellungnahme zu einem absehbar mörderischen Konflikt nur so grass gewunden daherkommen? (In dem „Gedicht“ geht es konkret um eine deutsche U-Boot Lieferung an Israel). Was ist mit dem intellektuellen Klima im Lande los? Warum traut sich Grass nicht, sich zur geistigen Bodenbereiterei von solchen Kriegen durch die Zeitungen zu äussern? Sieht er das nicht? // Da die SZ Angst vor der eigenen Courage bekommen hat, die Rüstunsgindustrie wird nicht erbaut sein ob dem Text von Grass, darf Ronen Steinke im politischen Teil einen verständnisheischenden Text über die hinterfotzigen Drohnen schreiben „Der neue Krieg“ - Ronen wird dafür von der Rüstungsindustrie sicher mit einer kleinen Anerkennung rechnen dürfen. |
03.04.2012 | Heute Regen meint : Das ist doch mal was, heute Regen. Und in Myanmar fanden Wahlen statt. Und in Syrien behauptet Assad, er stimme einem Waffenstillstand zu. Aber der Regen ist dünn. Immerhin haben die hiesigen Zeitungen die Scharfmacherei gegen Iran erst mal abgestellt. Doch der Regen nässt kaum die Strassen. Der Himmel weint nicht richtig. Die Menschen machen auch nicht alles richtig. Aber der Himmel hat keinerlei Verpflichtung zu weinen, man möchte meinen, ihm sei das freigestellt. Dafür scharmützeln die Schweizer gegen die Deutschen. Sie schaumschlägern mit Haftbefehlen. Da kennen die Schweizer nichts. Fragen Sie nach bei Polanski. Die Schweiz auf dem Weg zur Megacity. Alle halbe Stunde oder öfter ein Zug quer durchs ganze Land. Und immer gerammelt voll, jeder zweite doppelstöckig. Fast so häufig wie in anderen Städten die U-Bahnen, zwischen Rorschach am Bodensee und Genf am Genfersee. Im Zug können die Schweizer lachen über die Sperenzien der Benzinpreise. Die müssen keine staatliche Intervention fordern, die fahren Bahn, die Schweizer. Aber Nachbarschaftskitzeleien und –kabbeleien müssen offenbar sein, wenn die übrige Welt friedlicher wird. Man könnte ja auch in Deutschland, wo jetzt alle über die hohen Benzinpreisee jammern, mal grundsätzlich diskutieren, ob man sich nicht etwas unabhängiger davon machen solte, ob man nicht viel intensiver ins Bahnnetz investieren sollte. Aber solche Gedanken wird die Autolobby wieder im Keim ersticken. Seit über 30 Jahren kaum Verbesserungen zwischen Zürich und München und München und Zürich. Das tuckelt wie mit der Spanisch Brötli Bahn. Genau viermal am Tag in jede Richtung. Gemütlich durchs schöne Allgäu. Mit kurzem Kur- und Fotoaufenthalt in Lindau. Wo gibt’s das noch: einen Eurocity-Express mit Foto- und Picnicaufenthalt an einem schönen See. So viel Zeit muss sein. Vielleicht sollte man sich auf dem Weg zu einer glücklicheren Welt, darüber war gestern auf der SZ-Titelseite zu lesen, also die Lenkung des Interesses vom Bruttoinlandprodukt, BIP auf das BruttoGlücksProdukt, BGP oder wie auch immer; vielleicht wäre mehr Glück und weniger Arbeitslosigkeit, wenn die Züge öfter mal einen Fotohalt einlegten. Und bei Regen gibt’s dann einen kleinen Euroregenschirm.
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02.04.2012 | Zeitr Eisem Ün Chen meint : Im Juni dürfen die Münchner Bürger darüber abstimmen, ob sie den Bau einer dritten Start- und Landebahn des Flughafens MUC befürworten oder ablehnen. Es geht um eine Zukunftsentscheidung, denn die Zustimmung wird als Weichenstellung für starke wirtschaftliche Impulse gewertet. Wenn es um Zukunftsentscheidungen geht, so kann ein Blick zurück nie schaden. Oder die Frage, was ist München, was ist Münchnerisch, was ist ein Münchner Gewächs. Klaus Bichlmeier hat dazu einen hochinteressanten Film gemacht „Zeitreise München“, radikal münchnerisch, radikal individuell. Er wird jeden ersten Sonntag des Monats im Kino Gabriel an der Dachauerstr. 16 in München je um 11 Uhr gezeigt (Tel. 089-594574). Bichlmeier zeichnet darin eine strikt münchnerische Geschichte Münchens von der Eiszeit über die Besiedlung durch die Bajuwaren im Zuge der Völkerwanderung zum Salzhandel, Hopfenanbau, zeitweiligen Weinanbau bis zur Pest und dem Schefflertanz, zur Cholera, der Dr. Pettenkofer auf den Leib rückte und dafür den Titel „Scheisshuisapostel“ einheimste, weil er moderne Hygiene anmahnte. Die Könige mit ihren Bauphasen, Ludwig und Max und Ludwig der Zweite, der darf natürlich nicht fehlen. Das Oktoberfest und das Trinklied aus dem Fränkischen; der Lehmabbau auf dem rechten Isarhochufer, die Ziegeleien, die ersten Fremdarbeiter aus Italien, die Ziegelbarone und die Capi und die Geschichte einer Marienstatue in Friaul; die Sendlinger Mordnacht, Kuriose Patentanmeldungen zu Beginn des 20. Jahrhundert: ein BH-Patent. Karl Valentin, der mit dem Krieg aufgehört hat zu spielen. Der Krieg. Die braune Zeit. Die Amis nach dem Krieg. Kaugummi. Elevis Presely in München und die Beatles. Oder Sonja Ziemann, der erste Nachkriegsfilmstar (Schwarzwaldmädel), die sich für das Interview im Kaminzimmer des Bayerischen Hofs hat perfekt stylen lassen. Der einzige Überlebende aus der Trambahn, auf die 1952 das Flugzeug mit der englischen Fussballmannschaft abgestürzt ist. Münchner Einmaligkeiten, die die Stadt so münchnerisch machen. Dann noch schnell 9/11, die neue Fussballarena und das BMW-Erlebniscenter. Wer in Jahrtausenden denkt, kann sich für die letzen zehn Jahre nicht allzuviel Zeit nehmen – da fehlt eh die Distanz. Interessant dabei und durchaus angenehm, welche lauten, unvermeidlichen Grössen unserer Zeit fehlen, die eh schon immer und überall sich als ein zwingendes Bild Münchens ausgeben. Vertreten dagegen ist der Alt-OB Hans-Jochen Vogel mit einer überraschenden Enthüllung: warum die Olympiade 1972 nach München und nicht nach dem offenbar chancengleichen Montreal vergeben worden sei: 7 Euro seien schuld daran gewesen. Die Sache war die: die Olympiateilnehmer hatten damals pro Tag für Unterkunft und Verpflegung einen Eigenanteil in der Grössenordnung von heute etwa 7 Euro zu bezahlen. Montreal versuchte sich einzuschleimen beim Olympischen Komitee, indem es den Teilnehmern diese 7 Euro erlassen wollte. Das Komitee schien damals keineswegs bestechlich und soll aus diesem Grund die Spiele nach München vergeben haben. Na wenn man daran denkt, wie München jüngst versucht hat sich anzubiedern für die Winterspiele. Am gestrigen ersten Aprilsonntag gabs eine weitere Premiere. Der Film wurde von Stadtführer Rudi Hardbrunnen mit vielen skurrilen Details und Anekdoten zwischen den einzelnen Abschnitten begleitet und ergänzt. Eventkino, mit dem das Münchner Publikum im Fluge zu gewinnen war. Und was die dritte Startbahn betrifft, die Münchner können beruhigt sein, München hat die Pest überlebt, München hat die Cholera überlebt, München dürfte auch eine dritte Startbahn überleben. |
01.04.2012 | Apri Lapril meint : Der Deutsche Film blüht plötzlich. Der Deutsche Film erlebt eine explosive Blüte. Der Deutsche Film wird wieder ernst genommen. Alles beschäftigt sich mit den deutschen Filmen. Sie lösen in allen Gesellschaftschichten Diskussionen aus. Eine Nouvelle Vague des Deutschen Filmes ist plötzlich da. Ein neuer Geist ist über Nacht im Deutschen Kino eingekehrt. Die Subventionsgeber führen sich von einem Tag auf den anderen nicht mehr wie Lehensherren auf, sondern wie Kinokenner und Kinoliebhaber. Der Deutsche Filmpreis ist plötzlich weltweit geachtet und begehrt. Der Deutsche Filmpreis bewegt die Gemüter nicht nur im Inland. Der Deutsche Film brilliert plötzlich durch seine Drehbücher, die Konflikte in den Figuren aufspüren und diese spannungserzeugend einsetzen. Der Deutsche Film interessiert sich plötzlich für seine Figuren. Der Deutsche Film hat Tschüss gesagt zum drögen, fernsehaffinen Themenfilm. Im Deutschen Kino gibt’s plötzlich wieder richtige Stars, die auch international die Menschen ins Kino locken. Das deutsche Kino hat die Paralysierung durch die Subvention überwunden. Im Casting ist Wettbewerb eingezogen. Die Günstlingswirtschaft bei den Rollenbesetzungen, die bisher auch die Schauspielerentwicklung hat dramatisch stagnieren lassen, ist über Nacht verschwunden. Es ist ein Geist offener Diskussion im Deutschen Film eingezogen. Ein Geist der Offenheit und Auseinandersetzung ist im Deutschen Film eingekehrt von gestern auf heute. Das Deutsche Kino hat den Maulkorb, den der ehemalige Präsident der Deutschen Filmakademie, den er dem Deutschen Film in einem Interview in der SZ faktisch verpasst hatte, auf die Müllkippe geschmissen. Das Deutsche Kino hat sich rebellisch aus den Fesseln der Funktionäre befreit. Wenn einer beim Deutschen Film kritisiert wird, ist er ab heute nicht mehr beleidigt, sondern er fühlt sich zum einen geehrt, dass die Kritik sich mit ihm auseinandersetzt und zum anderen guckt er ganz genau darauf, wie ihn die Kritik weiter bringen kann. Die Filmemacher sind cool geworden hinsichtlich der Kritik. Die Subventionsabschöpfstrukturen, die den Deutschen Film bislang zu strangulieren drohten, sehen sich plötzlich im Dienst des Kinos und spielen nicht mehr Herrschaftsspiele. Ein frappanter geistiger Wandel hat das Deutsche Kino heimgesucht. Es gibt plötzlich jede Menge spannender Schauspieler beim Deutschen Film, auf die man sich jedes Mal, freut, wenn sie in einem Film angekündigt werden. Das Deutsche Kino ist zum direkten Spiegel einer aufregenden Gesellschaft geworden – mit Wechselwirkung. Das Deutsche Kino hat seinen miefigen Subventionstümpel verlassen. Das Deutsche Kino hat den Neidgeist, gegen den kein Deo, kein toller Look und keine Orchestermusik half, da gelassen, wo der Pfeffer wächst. Die Deutsche Filmakademie verzichtet ab sofort auf das staatliche Preisgeld, das sie mit dem von ihr ausgelobten Filmpreis verbindet, um jeden Zweifel an diesem Preis zu nehmen, um den Preis wirklich wichtig zu machen. Die Deutsche Filmakademie hat jetzt zwei Präsidenten, wenn die zu einer Pressekonferenz zur Lage des Deutschen Filmes einladen, so drängeln sich die Medien, als ob die Kanzlerin einen Bericht zur Lage der Nation abgeben wolle. So wichtig ist das Deutsche Kino geworden. Vive la Nouvelle Vague Allemande! Apri Lapril!
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31.03.2012 | F. Rieden meint : Vor Ostern besonders darf man sich ruhig ein paar Gedanken über den Frieden im Allgemeinen und jenen im Nahen Osten im Speziellen machen. Heute veröffentlicht die Friedensbewegung und die Friedenforschung einen Aufruf „Friedens- statt Kriegspolitik im Irankonflikt. Sanktionen und Kriegsdrohungen sofort beenden“. An die deutsche Bundeskanzlerin gerichtet heisst es darin: „Schliessen sie jede Beteiligung Deutschlands an einem Krieg gegen Iran öffentlich aus und stoppen Sie die riskante Sanktionseskalation. Unterstützen Sie möglichst zusammen mit anderen europäischen Regierungen die von der UNO beschlossene Konferenz für eine massenvernichtungswaffenfreie Zone im Mittleren und Nahen Osten, die 2012 beginnen soll und die bisher in der Öffentlichkeit ignoriert wird. Dabei verspricht dieses Vorhaben, das durch eine KSZE-ähnliche Konferenz ergänzt werden könnte, eine völlig neue Perspektive des Friedens und der Kooperation für die gesamte Region. Nur eine Politik, die alle Staaten der Region, Israel eingeschlossen, zur atomaren Abrüstung und Enthaltsamkeit verpflichtet, kann das gegenseitige Misstrauen beseitigen und den Feindbildern zwischen den Religionen, Völkern und Staaten sowie dem Wettrüsten und den Diktaturen den Boden entziehen.“ Gut, einen solchen Text auch in der SZ zu lesen, die noch vor wenigen Tagen mit einem redaktionellen Aufruf die Kanzlerin an ein Versprechen vor der Knesseth erinnerte, was sie bei einem allfälligen, super-gau-törichten israelischen Angriff auf Iran zum Mitzündeln verpflichtete; die SZ schlug Patriot-Raketen als Kriegsanheizer aus Deutschen Landen vor. Es wäre höchste Zeit, dass auch die SZ-Redaktion sich endlich eine Position, wie hier von der Friedensbewegung formuliert zu eigen machte. Es sind doch hochgebildete, intelligente Menschen. Die sind doch mit ihrer Herbeiunkerei der Verhärtung des Afghanistaneinsatzes schon bös auf die Nase gefallen. Wie können die immer noch solch kriegsfördernden Stuss schreiben, die Kanzlerin schon vorbeugend zum Raketen-Liefern aufzurufen! Es ist doch im weitesten Sinne simpelste Kantsche Ethik: dass man nicht dem einen das Atom erlauben und dem anderen verbieten kann. Das macht diese westliche Position so unglaubwürdig, dem Iran das Atom verbieten zu wollen, es Israel aber stillschweigend zu dulden. Wer so inkonsequent handelt oder denkt, darf sich nicht wundern, wenn ihn bald keiner mehr ernst nimmt. Es muss endlich darum gehen, eine gemeinsame, regionale Lösung zu finden und endlich muss das parteieinfältige Markieren und Definieren von Feindbildern und Gefährdern aufhören. In welchen Zeiten leben wir denn. Für die Rüstungsindustrie wäre ein Frieden in Nahost ein herber Rückschlag, stimmt, aber der würde mit dem Gewinn und dem Florieren x anderer Industriezweige dank einem Frieden um ein Mehrfaches wettgemacht. Was hat denn der Afghanistankrieg gebracht? Doch rein gar nichts. Eine einzige Pleite, eine riesige Niederlage des Westens. Und statt blühender Demokratie in Afghanistan nur blühende Korruption und blühender Mohn. |
30.03.2012 | Wofür Wir Wohnen meint : Alexander Gorkow bringt heute auf der SZ-Kommentarseite die Antwort auf die Frage, wofür wir wohnen, spitz auf den Punkt: für Menschen, die im deutschen Fernsehen sehr gut dafür bezahlt werden, keine Ideen zu haben. Die Bewandtnis ist folgende: ab nächsten Jahr muss jeder Mensch, der in Deutschland wohnt, seinen Beitrag zur Finanzierung des öffentlichen Rundfunks leisten. Egal, ob er einen Fernseher oder ein Radio oder Internet hat oder nicht. Er muss nur hier wohnen. Und dieser öffentliche Rundfunk, was macht er mit diesem Geld? Es dürfte sich um etwa 8 Milliarden Euro handeln. Unter anderem versucht er Herrn Gottschalk mit einem Riesenaufwand an „kreativem“ Stab im Hintergrund, der sicher auch ganz schön was kostet, „Abend für Abend durchs Hamsterrad“ laufen zu lassen, mit einer Sendung, die offenbar kaum Zuschauer anzieht, die dem überwiegenden Teil der Menschen, die wohnen, offenbar nichts zu sagen hat. Man müsste jetzt mal eine Umfrage bei den Obdachlosen starten, die bestimmt von der künftigen Gebühr befreit sind, da sie ja keine feste Adresse haben, ob die sich wenigstens dafür interessieren. Oder muss für Bettlerstandplätze in Zukunft auch Rundfunkgebühr bezahlt werden? Natürlich ist nicht alles schlecht, was der öffentlich Rundfunk leistet. Andererseits, und da wird es sehr bedenklich, hat er fast immer ein entscheidendes Wort mitzureden, wenn es um Filme fürs Kino geht. Und da scheint er verhängnisvoll meist einen Einfluss auszuüben, der dem Kino das Kino austreibt. Fast wöchentlich kommen inzwischen deutsche Filme ins Kino, die wenn sie nicht gerade jene Art von Komödien sind, die auch ohne jede Förderung verkäuflich wären, den Eindruck erwecken, einer geistig-kreativen Schrumpfkur unterzogen worden zu sein und die so gut wie nichts zu erzählen haben, die als Protagonisten Figuren haben, an deren Charakterisierung gar nicht gearbeitet worden ist, Figuren ohne Konflikte, Figuren ohne Kanten, Figuren ohne eine Resonanzmöglichkeit in der aktuellen Gesellschaft, Figuren ohne jede Attraktivität und ohne den Pep, der Kinospannung erst ermöglicht. Papierfiguren aus Papierdrehbüchern. Schlimm daran ist, dass die Entwicklung zu solch drögen Filmen, die im Ausland null Chance und beim Einheimischen Publikum auch so gut wie keine haben, es sei denn, eine nette Verleihförderung verhilft diesen Mumiengeburten zu einem kurzen Leben in Kleinkinos, dass diese Filme immer mehr werden, dass es inzwischen eine wahre Inflation solcher nichtssagenden Nichtigkeiten gibt, Vereinheitlichung des Nichtssagenden obendrein. Es entsteht der Eindruck, dass die Strukturen, die sich um die Abschöpfung der Fernseh- und Fördergelder entwickelt haben, immer mehr den Kinogeist abtöten. Und jetzt, wo alle die wohnen, diesen sterbenden Kinogeist miternähren werden, das kann ja lustig werden. |
29.03.2012 | Street Words XXXVII meint : Dann müssen wir es zur Reparatur schicken, es ist angegangen, es war aus und es ist durch die Hitze angegangen. Der is nicht mehr ausm Haus gangn, der hat im ersten Stock gewohnt. Social Media, na. Wie sie gesagt hat, sie ist eingeschlafen, sie hat einfach Agnst vor dem Tod. Un dann klappts mit der Planung nicht. Mensch, bin ich bescheuert, du hast garantiert die Dallmayerkarte dabei. Und am Ende merkt ers. Ja wissen Sie, ich bin in Rente und geh arbeiten, weil ich nebenbei noch ein paar Euro hab. Jetzt is ganz graissli zwida. Schau mal, mit dem habe ich vor zwei Tagen durchgeraucht und der versteht das genau so wie ich. Aber Sarah, die hat etwas aussergewöhnlich Hässliches, also wirklich ganz schlimm. Muss er ja nicht laut sprechen, kann er ja für sich behalten. Da bist du nur noch am Schauen, welche jetzt besser ist und welche nicht, die hat jetzt den Schaden und die den. Ein paar grundlegende Vorlesungen zur Zeit. Eh wir sprechens jetzt durch. Level, aber das weiss man ja vorher nicht. Da musst Du sie fragen wann. Und die war auf dem Oktoberfest und die war lustig, das gibt’s gar ned. Er macht nichts Kleines. Sie können ne Anfrage, also Lebenslauf und Bewerbung mal abgeben. Dann bin ich wahrscheinlich in Mailand. Jetzt machen wirs uns gemütlich. Du hast gerade gesagt, Diät ist Scheisse. Pharmazeutisch verheerende Aktion. Bei der Demonstration halt grössere Saachen und in der Galerie auch. Und wollen gar nicht aufhören zu wachsen. Ich war mit so nem Barrista am Start. Ich brauch auch was zum Eintüpfen. Gibt’s das eigentlich nur in München? Chase Girls. La cuccaraacha, la cuccaraacha. Wir wechseln jetzt die Pferde und die Mannschaften. Jetzt lachens wenigstens wieder. Und das ist die Schlussfolgerung daraus, Du kriegst ja jetzt keine Werbeprämie mehr, keine Kopfprämie. Ja genau, das wichtigste im Leben ist Essen und Schlafen. Handy haste an? Schwester-Eubulina-Platz. Ich steh immer, ich steh immer in der S-Bahn, ist ganz nett hier, ist schön ruhig. Weil dann setzen sie die wahnsinnig unter Druck, weil sie auch ein schlechtes Gewissen haben. Ich war froh, ich hatte wahrscheinlich keinen Empfang. Ja, das ist unbezahlbar mit dem Bauch und so. So alt san Sie no ned. Ich kann ja verstehen, dasss die alle ein bisschen frustriert sind. Schwarze Felgen geht gar ned. So und jetzt kriegen wir ein Touristenvisum und dann gehen wir hin. Der hat den Spruch gelassen, Organisation ist das Angenehme. Dieses Miststück als Prof an der Uni, das ist schon. Also ich war mit die Air France in Mexiko, des is ja a dreissig Johr her. Und da wir beim Gehen immer einschlafen, dauert es, bis wir in der Schule sind. Den hab ich doch hier reingeschmissen, den Bügel. Weil der kennt mich schon voll gut. Ach Scheiss, blöde Mailbox. Und der Erich, der Depp, der had ned amol übern Kastn drüber kenn’n, der had an Fünfer kriagd. Das ist ein Mensch, der steht ganz still.
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28.03.2012 | Anpf iffz UmK Rieg meint : Anpfiff zum Krieg. Daniel Brössler startet heute in der SZ auf Seite 4 einen Aufruf zur Teilnahme an einem allfälligen Krieg von Israel gegen Iran. Wer weiss, wer Brössler für diesen Text gebrieft hat, der als Beitrag von Deutschland zu diesem von diversen Strategen geplanten Krieg vor allem im Interesse der Rüstungsindustrien zumindest die Unterstützung mit Patriot-Flugabwehrraketen fordert. Er selbst erwähnt, dass Berlin einen solchen Krieg in der Nähe zum Wahnsinn „verorte“. Aber die kriegslüsterne Kanzlerin, die die Deutschen ja auch schon mit in die Irakkriegspleite reingezogen hätte, wird sich das von Herrn Brössler nicht zweimal sagen lassen. Die SZ hat Erfahrung darin, Kriege herbeizuunken. Das hat sie doch recht erfolgreich mit dem inzwischen als grosse Pleite endenden Afghanistan-Einsatz getan. Brössler beruft sich auf ein Wort der Kanzlerin, das sie vor der Knesset gegeben habe. Seit wann gilt dieses Wort etwas? Fragen Sie Herrn Guttenberg. Fragen Sie Herrn Wulff. Seit der Atomwende? Seit den ständig grösseren Währungsrettungsschirmen? Solche Dummkriege sind heute nicht mehr zu gewinnen. Und wann endlich kapieren die Intellektuellen und die Politiker, dass man niemandem klar machen kann, warum der eine, Israel, eine Atombombe haben dürfe und der andre, Iran, nicht. Die Frage ist noch nicht schlüssig beantwortet. Wenn Deutschland also nicht gleich wieder nach der Afghanistankriegspleite in einen neuen Waffengang involviert werden will, dann gibt es nur eines, wenn man der Logik des Herrn Brössler folgen will: die Deutschen müssen die kriegslüsterne Kanzlerin abwählen. Da braucht sie ihr Wort nicht zu brechen und kann nicht noch mehr Kriegsschäden anrichten. Ganz klar ist, dass die Rüstungsindustrien jetzt, wo der Irakkrieg ausgelaufen ist und der Afghanistankrieg am Auslaufen ist, diesen einträglichen Milliardengeschäften nachtrauern und dringend Nachfolgekriege suchen. Ohne Rücksicht auf Verluste scheint Iran attraktiv. Gelobbyiert wird in diese Richtung schon lange. Aber die Deutschen sollen, wenn sie sich als wirkliche Freunde Israels sehen, denen lieber sagen, sie sollen diesen Wahnsinnswaffengang bleiben lassen, sollen endlich mit der Unterdrückung der Palästinenser aufhören und Frieden mit den Nachbarn suchen, statt immer neue Siedlungen zu bauen und immer nur Kriegsgründe zu suchen. Sollen mit ihren Nachbarn eine Perspektive für einen blühenden Nahen Osten entwickeln, wo alle Völker ein Daseins- und Lebensrecht haben. Das muss man als Freund des Landes Israel sagen. Brösslers Forderung riecht sehr nach Waffenhändlerdealabsichten. Gutes Geschäft, endlich mal wieder ein paar Patriot-Raketen zu verballern. |
27.03.2012 | Abhebe Nodern Icht meint : Abheben oder nicht, das ist hier die Frage beim anstehenden Bürgerentscheid vom 17. Juni in München. In der Munich City werden einem zur Zeit Flyer in die Hand gedrückt, die die Entscheidung über den Bau einer dritten Startbahn im Erdinger Moos erleichtern sollen. Der Bürger wird am 17. Juno folgende 8 Entscheidungskombinationen haben: JA/JA/BÜRGERENTSCHEID1 - JA/JA/BÜRGERENTSCHEID2 – JA/NEIN/BÜRGERENTSCHEID1 - JA/NEIN/BÜRGERENTSCHEID2 - NEIN/JA/BÜRGERENTSCHEID1 - NEIN/JA/BÜRGERENTSCHEID2 - NEIN/NEIN/BÜRGERENTSCHEID1 - NEIN/NEIN/BÜRGERENTSCHEID2. Die Frage hinter diesen komplizierten Antworten ist auch nicht die, ob die 3. Start- und Landebahn gebaut werden soll, sondern lediglich die, ob die Stadt München als Miteigentümerin des Flughafens, sich für oder gegen den Bau dieser dritten Landebahn aussprechen und einsetzen soll. Es geht auch nicht darum, ob durch den Bau dieser Landebahn viele Anwohner einer zusätzlichen Lärm- und Schadstofflawine ausgesetzt werden. Das dürfte allen Nichtbetroffenen so ziemlich wurst sein. Die Münchner dürften zu den weniger Betroffenen gehören. Es geht um eine viel grundsätzlichere Frage. Denn zweifellos wird eine weitere Landebahn und damit eine Erhöhung der Kapazitäten des Flughafens wirtschaftliche Impulse geben. Das zum einen. Das ist keine Diskussion. Eine zusätzliche Landebahn wird zweifellos auch die Abschiebekapazität von Flüchtlingen in Länder, wo ihnen nichts Gutes droht, erhöhen. Eine zusätzliche Landebahn wird auch die Risiken des Importes von Seuchen und Krankheiten und fremdem Getier erhöhen. Aber auch das ist kein Thema. Was zwingend diesen Bau fordert, das ist die Wachstumsgläubigkeit. Das ist der kapitalistische Fortschrittsglaube. Der macht die Äuglein vom OB und vom Flughafenchef, von Nina Ruge und Reinhold Messner auf dem Flyer glänzen. Mehr und mehr und noch mehr Umsatz und noch mehr Betrieb und noch mehr Immobilienpreishausse und noch mehr Kohle in der Tasche. Und noch teurere Mieten. Und noch mehr Druck auf die Stadt. Es ist ein nicht weiter hinterfragter Fortschrittsglaube, der aus diesen Äuglein kindlich leuchtet. Fortschritt auf Seiten von Geldmaschinerien und nicht von Moral und Lebensqualität. Das wäre die viel tiefere Frage, die jeder Bürger in sich wälzen müsste. Das hiesse auch, sich damit beschäftigen, wie soll München aussehen, wenn dem ewigen Wachstum mal Grenzen gesetzt würden. Müssen wir in dieser Wachstumshechelei mitmachen, in dieser rastlosen Rennerei nach Wettbewerbsvorteilen. Kann nicht irgendwann mal gut sein. Ist das ok, dass bei uns alles heiss läuft und im Ruhrpott oder im Osten die Dinge stagnieren. Muss diese dritte Landebahn wirklich her? Wie sieht es aus, wenn wir sie nicht bauen. Wird dann Berlin davon profitieren? Wäre das Berlin nicht zu gönnen? Oder Frankfurt. Oder Hamburg. Muss das alles immer grösser werden. Sollten wir nicht mal etwas inne halten und konsolidieren. Sicher ist so eine Landebahn eine Jobmaschine. Aber der Jobmaschine, so wie sie heutzutage läuft, ist auch ein Schleudergang immanent, der die Diskrepanz zwischen Armut und Reichtum immer grösser macht. Sollten wir nicht innehalten und da erst den Ausgleich suchen. Macht das unser Leben wirklich lebenswert: in noch grösseren, schniekeren Fussgängerzonen noch mehr und noch teurere Markenklamotten und Markenschuhe einzukaufen? Ist das das lebenswerte Leben? Müssen wir, muss München diesen Wettbewerb, sich möglichst grosse Stücke vom Kuchen zu greifen, noch mitmachen? Ist sie wirklich zukunftsweisend, diese dritte Startbahn? Das ist keine leicht zu beantwortende Frage gegen die Verführung und das Tröten des blinden Fortschritts- und Wachstumsglaubens. Oder vielleicht auch die Frage, wolten wir nicht etwas exklusiv bleiben? |
26.03.2012 | Klasse Dorsch meint : Unter dem Titel „The Very Important Local Heroes“ gabs gestern im Café Museum in Passau ein Vorspiel der Musikklasse Dorsch. So sei das Ensemble aus den verschiedensten Musikbegabungen genannt, die sich von Barbara Dorsch in Gesang oder Klavier unterrichten lassen. Die Passauerin Barbara Dorsch, auch die Ilzige genannt, ist vor allem bekannt als die phänomenale Sängerin des Duos „Die Saudiandln“, aber auch als die niederbayerische Stimme für das bekannte „Betthupferl“ des Bayerischen Rundfunks. In dieser Veranstaltung nun legte Barbara Dorsch den überzeugenden Beweis vor, dass sie auch in der Kunst der musikalischen Maieutik eine Meisterin ist. Wie es ihr gelingt, aus den unterschiedlichsten Talenten angenehme, schöne bis aufregende Musikalität freizulegen, das ist frappant. Die Mitwirkenden sind bereits auf dem Programmzettel charakterisiert worden. Den Anfang machte Martha-Berta, zurecht als „verblüffend“ apostrophiert und beeindruckte das Publikum damit, wie ein Mensch, der spät mit Singen anfängt, in Liedern eine ganze Lebenserfahrung vermitteln kann. Lili war die Kleinste und spielte mit zwei Fingern „clownesk“. Sofia war „krass“ drauf, vierhändig. Theresa im sinnlich aufblühendsten Alter sang ahnungsvoll und noch recht platonisch die Eigenkomposition „I love your name“, damit würde sie sicher vielen ihrer Teenie-Generation aus dem Herzen singen. Annabell war als „blondy“ angekündigt. Liane war „einzigartig“; wie sie mit lockerer Hand die Zügel ihrer Stimme beeindruckend wohltuend und präzise führte, das würde manchem Profi gut anstehen. Den ungeschliffenen Rohdiamanten an Stimme setzte Barbara Dorsch an den Schluss des Programms: Franz-Lukas-Heinz sang italienische Liebeslieder; wenn man solch eine Stimme, und noch so jung!, irgendwo in einem italienischen Dorf hören würde, man würde sofort wie elektrisiert stehen bleiben und wissen wollen, wer da mit so einem Timbre und so einem Schmelz in der Stimme einem direkt ins Herz hinein singt. Warum diese Musikstunde in Passau so erholsam war? Weil Barbara Dorsch selbst eine radikale Hingabe an die Musik praktiziert und diese ungezwungen und bar jeglicher pädagogischer Hybris an diese Vielfalt von Charakteren und Begabungen ihrer Schüler weitergibt. Eine seltene Gabe. Eine Ausnahme-Pädagogin. So werden Musik-Schüler zu Ausnahme-Schülern. |
25.03.2012 | Zei Tumstellung meint : Zeitumstellung ist keine Geistumstellung. Kannst Du die Zeit mal dort in die Ecke stellen. Das ist doch eine Zeitumstellung. Wenn einem die Zeit im Wege steht, so muss man sie umstellen, sie woanders hin stellen. Denn die Zeit ist wie ein Möbel. Wobei eine merkwürdige Synchronizität darin zu beobachten ist, dass offenbar genau in der gleichen Sekunde allen Menschen in einer Zeitzone oder in einer Teilzeitzone (sowas wie Teilzeitarbeit?), die Zeit im Wege zu stehen scheint und sie sie woanders hinstellen. Wobei letztlich nicht klar ist, wohin sie die alte Zeit stellen, was mit der passiert. Und nachher glauben sie womöglich, sie würden sich in einer anderen Zeit befinden. So wie Umzüge können allerdings auch Umstellungen Verluste mit sich bringen. Vielleicht ging mit der Zeitumstellung der Zynismus in der Politik verloren. Denn kurz vor der Zeitumstellung, gabs auch eine Präsidentenumstellung im Lande. Einer wurde in die Ecke gestellt. Und einer neuer will eine neue Moral ins Land bringen. Ob es sich auch um eine neue Diskussionsmoral handeln wird, das muss sich erst noch zeigen. Ob er es schafft, eine neue Diskussionskultur zu etablieren. Eine Diskussionskultur der Offenheit. Denn diese dürfte doch ein wichtiger Bestandtteil einer Kultur der Freiheit sein. Eine solche Kultur dürfte auch der grösste Feind des doch sehr prägnant vorhandenen Zynismus in der Politik sein. Wir verabschieden uns von der Winterzeit. Das war die kalte, frierige, schauderliche, ja: die zynische Zeit. Wir haben uns in die Sommerzeit abgesetzt. Das ist sie sonnige, luftige, lustige Zeit. Der Rettungsschirm, der jetzt Sonnenschirm heisst, muss darum noch grösser werden. Wenn das nicht bereits die erste zynische Sommerzeittat ist! Der Mensch hat das Szepter des Handelns übernommen. Er hat den Lateinerspruch ausser Kraft gesetzt, dass die Zeiten sich ändern und wir uns in ihnen. Jetzt ändern wir die Zeiten, ohne dass wir uns verändern. Wir sagen jetzt, wos lang geht. Vielleicht sehen wir uns selbst als andere in der Sommerzeit. Vielleicht sehen wir uns lockerer und unkritischer in der legeren Sommerzeit. Ob wir in der der selbstverordneten Sommerzeit dünnhäutiger werden? Dünnhäutiger gegen leeres Geschwätz und das Verbrämen von Untaten? Ob wir hellsichtiger werden in der selbstverschuldeten Sommerzeit und dabei toleranter? Ob uns der hysterisch gewordene Kapitalismus, der bald noch aus dem letzten Atemzug Gewinn rausziehen will, einfach mal den Buckel runter rutschen kann?
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